„WOW NO COW“ – Wie Oatly die Milchindustrie revolutioniert 

von Nancy Wächter und Anna Maria Jungnickel  

Mit einem Unternehmenswert von rund zwei Milliarden Euro gehört Oatly ab sofort zu den bestbewerteten Unternehmen weltweit – den sogenannten „Unicorns“. Wir zeigen euch heute, was sich hinter der schwedischen Marke verbirgt und wie sie mit ihrer Idee genau die Bedürfnisse unserer heutigen Generation anspricht.

„Wow no Cow“ –  so wirbt Oatly

Ein Haferfeld, ein Keyboard und ein CEO, der für ungefähr 15 Sekunden lang „Wow no Cow singt. So warb das schwedische Unternehmen vor einigen Jahren für seine Drinks aus Hafer.  

Etwas ungewöhnlich? Aber es kommt an. Oatly trifft mit seinem Konzept den Zeitgeist der aktuellen Generation. Mit der Idee, aus Hafer ein Milchersatzprodukt zu schaffen, hat sich das schwedische Unternehmen bereits vor 30 Jahren Zugang zu neuen Märkten geschaffen und damit genau die Werte und Bedürfnisse unserer heutigen Zeit getroffen.

 

Die Gründungshistorie des schwedischen Einhorns

Das Unternehmen aus Malmö blickt bereits auf eine lange Firmengeschichte zurück. Oatly wurde in den 90er Jahren von dem schwedischen Professor und Chemiker Rickard Öste gegründet. Er entwickelte zu dieser Zeit an der Universität Lund ein patentiertes Verfahren, bei dem durch den Einsatz von Enzymen aus dem Rohstoff Hafer trinkbare „Milch“ gewonnen wird.

 

 

Bis zum Wechsel der Führungsspitze im Jahr 2012 war das Unternehmen nur im Bio- und Öko-Segment bekannt. Der neue CEO Toni Petersson brachte frischen Wind in das Unternehmen und entwickelte Oatly zu einer angesagten Lifestyle-Marke.

Mittlerweile ist die schwedische Marke in mehr als 20 Ländern der Welt vertreten und beschäftigt an den verschiedenen Standorten über 250 Mitarbeiter. Auch in Deutschland hatte das Unternehmen seinen großen Durchbruch und ist seit 2017 mit seinen Produkten nicht nur in angesagten Szene-Cafés, sondern auch in großen Supermarktketten zu finden.  

Den größten Marktanteil besitzt Oatly aber weiterhin in seinem Heimatland Schweden. Hier sichern sich die Produkte 50% des Marktes. Absolutes Erfolgsprodukt ist dabei der Haferdrink „Barista-Edition“.

Das Geschäftsmodell der schwedischen Marke

Die Produktvielfalt der schwedischen Marke ist groß. Allein das deutsche Sortiment umfasst sieben unterschiedliche Milchersatz-Drinks. Dazu gehören zwei Haferdrinks mit Geschmack, drei to-go Drinks, zwei Sahneersatz-Produkte und drei Sorten Brotaufstrich.

International umfasst die Produktpalette weitere Haferdrink-Geschmackssorten, Joghurt-Alternativen, to-go Drinks, Kochsahne und Crème fraîche, sowie sechs unterschiedliche Eissorten.

All diese Produkte werden seit der Gründung des schwedischen Unternehmens gemeinsam mit der Universität in Lund entwickelt und stetig verbessert. Außerdem hält Oatly mehrere Patente an dem eigens entwickelten Herstellungsprozess von Milchersatzprodukten aus Hafer.

Mit der großen Bandbreite an Haferprodukten generiert die schwedische Marke ihren Umsatz. Im Jahr 2018 lag dieser bereits bei rund 100 Millionen Euro, was ungefähr einer Menge von 71,5 Millionen Liter verkaufter Hafermilch entspricht. 2017 lag der Umsatz noch bei 60 Millionen Euro, was wiederum bedeutet, dass Oatly innerhalb eines Jahres ein Umsatzwachstum von rund 62% erreicht hat. Nach eigenen Angaben konnte das Unternehmen dieses zum Jahreswechsel von 2018 auf 2019 noch einmal vervierfachen.

Mit Nachhaltigkeit zum Erfolg

Der Erfolg der Marke Oatly ist nicht nur dem modernen Markenauftritt zu verdanken. Durch die Ausrichtung der Unternehmensstrategie auf Gesundheit, Umwelt und Nachhaltigkeit geht das schwedische Unternehmen genau auf die Bedürfnisse der Konsumenten ein. Ein gesunder Lebensstil sowie eine vegane/vegetarische Ernährung spielen heutzutage bei allen Generationen, vor allem aber bei den Millenials und der Generation Z, eine wichtige Rolle.

Der Fokus Nachhaltigkeit kommt vor allem im Bereich der Produktion von Hafer-Lebensmitteln zum Tragen. Oatly setzt dabei auf regionalen und häufig biologischen Hafer ohne Pestizide und verwendet bei den Verpackungen hauptsächlich Karton, um den Plastikanteil zu verringern.

Außerdem werden durch die Produktion von Hafer-Drinks die Treibhausgase reduziert. Denn im Gegensatz zur Herstellung von herkömmlicher Milch und der damit verbundenen CO2- Emissionen kann eine Einsparung von schätzungsweise 56.741 Tonnen dieser Gase erzielt werden.

Der Markt ist stark umkämpft

Gesamtheitlich betrachtet wächst der Markt für Milchersatzprodukte kontinuierlich. Dem Trend der vegetarischen bzw. veganen Ernährung folgend, umfassen die Produkte mittlerweile Drinks aus Kokos, Hafer, Soja, Reis, Mandel oder auch Erbse. Dies hat zur Folge, dass immer mehr Wettbewerber den Markt durchdringen. Neben namhaften Herstellern führen Supermärkte mittlerweile auch ihre Eigenmarken in diesem Segment. Die Preise reichen dabei von rund 1€ bis hin zu knapp 3€ pro Liter.

Seit wenigen Jahren beobachten Experten ein starkes Wachstum der Nachfrage nach Hafer-Produkten. Haferdrinks seien im Bereich der pflanzlichen Milchalternativen inzwischen stärker gefragt als Soja- und Mandeldrinks. Im Jahr 2019 konnte ein Wachstum von rund 80% verzeichnet werden.

Durch seine vielfältige Produktpalette stärkt Oatly seine Position am Markt und kann sich beispielsweise innerhalb der REWE-Group einen Anteil von knapp 50% (Stand Dezember 2019) sichern.

Laut Experten ist ein Abschwächen des Trends von Milchalternativen und anderen pflanzlichen Produkten nicht abzusehen. Die Veränderung des Marktes sei langfristig und basiert auf einem Umdenken der Konsumenten.

Die finanzielle Unterstützung des Unicorns

Trotz der 30-jährigen Unternehmensgeschichte von Oatly sind die Rahmendaten der vergangenen Investment-Runden meist nicht bekannt. So auch die Höhe der Investments und der dafür erhaltenen Unternehmensanteile im Dezember 2016: Zwei Groß-Investoren, Verlinvest und China Resources, stiegen über ein Joint Venture bei Oatly ein.

Der damals bereits am Unternehmen beteiligte und von der schwedischen Regierung unterstützte VC Industrifonden habe einen Teil seiner Anteile dafür abgegeben. Mit der Beteiligung der Investoren erhielt Oatly ein starkes Netzwerk und operatives Know-how in Schlüsselmärkten.

Eine weitere Investment-Runde fand im Oktober 2019 statt – zum damaligen Zeitpunkt sicherte sich Oatly eine Summe von 41 Mio. US-Dollar.

In der letzten Finanzierungsrunde konnte Oatly vom New Yorker Private-Equity-Investor Blackstone und einer Reihe von Prominenten eine Summe von 200 Mio. US-Dollar einsammeln. Dazu zählen der Rapper Jay-Z,Talkshow-Moderatorin Oprah Winfrey, Schauspielerin Natalie Portman und der frühere Starbucks-Chef Howard Schultz. Berichten zufolge erhalten sie einen Gesamtanteil in Höhe von 10%.

Markenstrategie und Ausblick für Oatly

In einem Statement erklärte das Unternehmen, dass es die finanziellen Mittel nutzen werde, um in den bestehenden Märkten Europa, USA und Asien weiter zu expandieren und, so wörtlich, „die wachsende Gemeinschaft gesundheits- und umweltbewusster Verbraucher weltweit“ zu bedienen.

Die seit Kurzem am Unternehmen beteiligten US-Stars will das schwedische Unternehmen als Markenbotschafter und Influencer einsetzen, um die Zielgruppe der Millennials und der Generation Z zu erweitern und langfristig zu binden. Das klingt nach einer notwendigen Maßnahme, denn das Unternehmen hat sich langfristig ein großes Ziel gesteckt:

 

That's all? Hier liest du, was ein Unicorn eigentlich ist. In anderen Blogbeiträgen berichten wir von weiteren Unicorns, z.B. von Podium, DigitalOcean, Lilium.

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Quellen:

31.07.2020 Foodnavigator online verfügbar  - https://www.foodnavigator.com/Article/2020/07/20/Oatly-Now-we-want-to-challenge-the-whole-dairy-industry

31.07.2020 – Oatly Homepage online verfügbar  https://www.oatly.com/de/about-oatly

31.07.2020 – Zukunftsinstitut online verfügbar  https://www.zukunftsinstitut.de/artikel/hafer-statt-milch-oder-wie-man-den-zeitgeist-trifft/